Ein-, Vor- und Nachsicht schützt heimisches Wild
19.04.2021
Sassenberg (dor). Im Frühjahr, wenn die Natur zu blühen beginnt, der Mensch erneut den Drang nach draußen zu gehen verspürt, sind auch zahlreiche Waldtiere wieder verstärkt unterwegs: Die Rehe, die im Winter Notgemeinschaften gebildet haben, lösen diese auf, tragende Ricken vertreiben ihre fast einjährigen Kitze, Rehböcke nehmen ihre Reviere wieder ein, verjagen etwaige Nebenbuhler. „Es gibt viele Gründe, warum derzeit viel Bewegung im Rehwildbestand herrscht“, erklärt Martin Sievers, Geschäftsführer der Kreisjägerschaft Warendorf. Die Folgen des Wildwechsels sind jeweils in der jährlichen Verkehrsstatistik abzulesen: Allein 1400 Rehe wurden im vergangenen Jahr (die Glocke berichtete) auf den Kreisstraßen getötet. Im Hegering Sassenberg waren es fast 150 Stück Rehwild, die bei Kollisionen mit dem Auto ihr Leben lassen mussten, berichtet Bernhard Knollmeier, Leiter des Hegerings Sassenberg.

Martin Sievers, Geschäftsführer der Kreisjägerschaft Warendorf und Bernhard Knollmeier, Leiter des Hegerings Sassenberg weisen auf die Pflicht hin, Hunde im Brook anzuleinen. Hundebesitzer dürfen ihre Hunde nur außerhalb der Schonzeit und nur auf den vorgesehenen Waldwegen ohne Leine laufen lassen, ansonsten gilt, wie Martin Sievers und Bernhard Knollmeier hier zeigen die Leinenpflicht.

Auf der langen Wieske sind die Begrenzungspfeiler mit Wildwarnreflektoren versehen. Die in der Nacht durch Scheinwerferlicht blau reflektierenden Warner sollen das Rehwild vom Queren der Straße abhalten.
Die Dunkelziffer schätzt er dabei noch um ein Vielfaches höher ein. „Diejenigen, die alkoholisiert einen Rehunfall verursachen, rufen bestimmt nicht immer die Polizei“, mutmaßt der Hegeringleiter. Knollmeier steht wie seine Revierkollegen auf einer Liste, die im Falle eines Wildunfalls von der Polizei abtelefoniert wird. Der Erste, der erreicht wird, muss ausrücken, um das tote Wild mitzunehmen oder angefahrenes und geflüchtetes Wild mit ausgebildetem Jagdhund aufzuspüren – egal zu welcher Tages- und Nachtzeit.
Um das Rehwild zu schützen und es am Queren der Straße zu hindern, sind bereits verschiedene Methoden entwickelt worden. Vor einigen Jahren hat der Hegering Sassenberg Begrenzungspfeiler an der B 513 mit Duftschaum versehen, der die Tiere von der Straße fernhalten sollte. „Das stank erbärmlich“, erinnert sich Knollmeier. Seinen Worten nach erwies sich dieses Verfahren jedoch als nicht sonderlich tauglich. „Es ist sehr arbeitsintensiv, zudem hat die Wirkung des Duftes schon nach wenigen Wochen nachgelassen und der Schaum hätte erneut präpariert werden müssen“, berichtet Knollmeier. Für wesentlich effektiver hält er die blau reflektierenden Wildwarner, die ebenfalls an die Begrenzungspfeiler angebracht werden. Wie der Hegeringleiter berichtet, haben er und die anderen Revierpächter vor kurzem wieder 1000 Euro in die Hand genommen, um 220 Wildwarner zu kaufen und diese dann an der B475, am Butterpatt und an der Langen Wieske zu installieren.

Diese Verkehrzeichen weisen auf häufigen Wildwechsel hin und sollten, um Wildunfälle zu vermeiden, unbedingt beachtet werden. Das heißt, Autofahrer sollten an diesen Stellen auch zu ihrer Sicherheit die Geschwindigkeit drosseln.
„Der Nachteil der Reflektoren, die nur bei Dunkelheit funktionieren, ist, dass sich die Tiere irgendwann daran gewöhnen und dann ist die Wirksamkeit nicht mehr gewährleistet“, berichtet Knollmeier. Das beste Mittel, um Wildunfälle zu vermeiden, sind laut Martin Sievers immer noch aufmerksame VerkehrsteilnehmerInnen. „Die Wildgefahrenschilder an den Straßen stehen nicht umsonst da. Sie zeigen genau die Wege an, die das Wild häufig nimmt“, so der KJS-Geschäftsführer. Zur eigenen Sicherheit und die des Wildes sollten Auto- und MotorradfahrerInnen daher an diesen Stellen immer mit erhöhtem Wildaufkommen rechnen und ihre Geschwindigkeit anpassen, sprich „den Fuß vom Gas“ nehmen. Besonders gefährlich sei es abends und morgens. Gerade jetzt mit neuer Sommerzeit würden die Aktivitäten des Wildes mit dem morgendlichen Berufsverkehr zusammenfallen, was vermehrt zu Unfällen führe, so Sievers.
Dem Niederwild, dem neben dem Rehwild u. a. Fasane, Hasen und Kaninchen zugeordnet werden, droht aber auch von anderer Seite Gefahr. Und die hat ebenfalls mit den Menschen, vielmehr mit deren Hunden zu tun. „Im April und Mai ist Brut- und Setzzeit. Hasen, Rehwild und viele am Boden brütende Vögel, bekommen Nachwuchs, der im Wald und auf den Feldern zu finden ist. Wenn nun freilaufende Hunde plötzlich ihrem Jagdinstinkt nachgehen, kann das zu Verletzungen und zum Tod von im Wald lebenden Tieren, insbesondere der Jungtiere kommen. „In Nordrhein-Westfalen dürfen Hunde nur außerhalb der Schonzeit und nur auf den vorgesehenen Waldwegen ohne Leine laufen“, erklärt Martin Sievers die geltenden Vorschriften. Zwar wissen er und Knollmeier, die selbst Hundebesitzer sind, dass Hunde ihren Auslauf benötigen. Aber nicht um jeden Preis. „Der Hund muss in Sichtweite bleiben, er muss auf das Kommando des Hundeführers hören“, stellt Sievers klar. Sassenbergs Hegeringleiter Knollmeier verweist in diesem Zusammenhang auf die Schilder, die -wie im Eingangsbereich des Brooks - , eindeutig die Leinenpflicht anzeigen. „Auch landwirtschaftliche Wiesen und Felder dürfen die Hunde laut Gesetz nicht betreten,“ erklärt Knollmeier. Er bittet daher alle Hundebesitzer um dementsprechende Nachsicht. Zugleich ruft er alle SpaziergängerInnen auf, im Wald und auf den Feldern keinen Müll liegen zu lassen bzw. zu entsorgen. Erst kürzlich hätten er und seine Revierkollegen 600 Kilogramm Müll, das entspricht drei vollen Anhängerladungen, zusammen getragen. Das sei nicht nur der Umwelt wegen eine Sauerei. Der Müll stellt auch eine Gefahr für die Tierwelt dar: Waldtiere können sich an scharfen Blechteilen und Dosen verletzen, Füchse, Marder, Dachse und Igel am Müll ersticken, und auch mancher Hund kann sich an zerschlagenen Flaschen die Pfoten aufschneiden.