Geschütze Zwerggänse überfliegen den Kreis Warendorf

Vor wenigen Tagen ist im Schutzgebiet Disselmersch in Lippborg (Kreis Soest) ein Schoof Zwerggänse (anser arythropus) aus Schweden gelandet, die auf ihrem Weiterflug in die Niederlande den Kreis Warendorf überfliegen werden. Die in Europa äußerst seltenen Tiere stammen aus dem „Projekt Fjällgas“ (Projekt Zwerggans) des Schwedischen Jagdverbandes, das zum Ziel hat, den in Europa gefährdeten Wildbestand zu stützen. Innerhalb der EU-Grenzen liegt der einzig bekannte Brutplatz der Zwerggänse in Lappland in der Nähe von Arjeplog. Der schwedische Jagdverband leitet das Artenschutzprojekt im Rahmen des schwedischen Naturschutzplans. Die in Lippborg gelandeten Vögel stammen aus einer Handaufzucht, die den Wildbestand stützen sollen. Der Projektleiter, Niklas Liljebäck, freut sich über den Ausflug seiner Zöglinge: „Wenn sie nächstes Jahr ins Brutgebiet nach Lappland zurückkommen, wäre das ein Meilenstein für unser Projekt und ein riesiger Schritt vorwärts, um den Wildbestand zu stützen.“  Auch die lokale Jägerschaft hat die sehr seltenen Gäste im Kreis Soest und Warendorf bereits beobachten können. „Einmal mehr bedeutet dies jetzt für uns: „Augen auf bei der Gänsejagd“, sagt der Vorsitzende der Kreisjägerschaft Warendorf, Dr. Hermann Hallermann. Erhöhte Vorsicht sei auch deshalb geboten, weil die geschützte Zwerggans nur schwer von den derzeit jagbaren Gänsearten – und dazu zählen Kanada-, Nil- und Graugans – zu unterscheiden sei. „Ein charakteristisches Merkmal der Zwerggans ist ihre große, weiße Blässe über dem Schnabel, weshalb sie auch oft Zwergblässgans genannt wird“, so der KJS-Vorsitzende. Dieser sichert dem Projekt die volle Unterstützung der Jäger zu. „Da Artenschutz ebenso wie die Hege und Pflege bei uns Jägern höchste Priorität genießt, wollen wir unser Möglichstes tun, um den Bestandsschutz der Zwerggans zu sichern“, erklärte Dr. Hallermann. Schließlich werde auch der  Bestandsschutz für Fasan und Rebhuhn von den Jägern in ähnlichem Umfang betrieben.  
 

zwerggans

Zwerggänse gehören zu den weltweit am stärksten bedrohten Tierarten. Niklas Niljebäck, Projektleiter des Projekts Zwerggans hat einige Tiere per Hand aufgezogen. Diese sind jetzt in Lippborg Kreis Soest gelandet. Es wird erwartet, dass sie auf ihrem Weiterflug in die Niederlande auch den Kreis Warendorf überfliegen.

 

Zwergans (anser erythropus) Steckbrief 
Die Zwerggans oder Zwergblässgans, ist die seltenste Gänseart Europas. Sie wiegt zwischen 1,5 bis 2,2 kg, hat eine Flügelspannweite von 120 bis 135 cm und eine Körperlänge von etwa 60 Zentimetern. Im Flug ähnelt sie sehr stark der europäischen Blässgans (Anser albifrons), sie ist nur geringfügig kleiner, aber wesentlich dunkler im Federkleid. Im Profil ist sie klar durch die längere Blässe, die sich zwischen die Augen zieht und den gelben Augenring zu erkennen, welchen bereits die Jungvögel tragen. Ursprünglich war sie über Skandinavien hinweg über den Ural bis nach Sibirien verbreitet. In den vergangen 25 Jahren ist die Population jedoch rasant eingebrochen, auch aufgrund übermäßiger Bejagung in Russland sowie verschiedenen Ländern Ost- und Südosteuropas. In Schweden gibt es nur noch wenige Dutzend Brutpaare. Im Winter zieht die Zwerggans nach Süden und bildet dabei den für Gänse charakteristischen V-Zug. Häufig mischt sie sich in einen Schoof anderer Gänsearten. Sie ernährt sich von kurzen Gräsern und Kräutern und ist deshalb häufiger Gast auf kurzen Weiden.  


 
Drei Fragen, drei Antworten an Dr. Niklas Liljebäck 
Dr. Niklas Liljebäck ist Projektleiter des schwedischen  Reintegrationsprojektes für Zwerggänse, in dem bereits hunderte Gänse per Hand aufgezogen und auf ein Leben in der Wildnis vorbereitet wurden.  

 

24 ihrer Zwerggänse sind im Kreis Soest und Warendorf gelandet. Was bedeutet das für Sie?  
Liljebäck: Das sind wahnsinnig gute Neuigkeiten! Wenn diese Vögel dort in einem Schoof zusammen bleiben und dann wieder zurückkommen, ist das ein riesiger Schritt vorwärts im schwedischen Artenschutz.  

 

Wo fliegen die Gänse jetzt hin und was ist dort ihr Ziel?  
Liljebäck: Das ist eine gute Frage. Ganz ehrlich, wir wissen es nicht. Normalerweise fliegen sie weiter in die Überwinterungsgebiete in den Niederlanden, aber eigentlich werden sie auch von einer älteren, erfahrenen Gans geleitet. Diese Vögel sind aber handaufgezogen und auf ihrem ersten Vogelzug unterwegs. Sie bleiben wahrscheinlich in der Umgebung, wenn sie gute Rastgebiete finden. Wenn nicht, fliegen sie weiter. Wenn ich richtig informiert bin, ist das Gebiet um Lippborg für Zwerggänse sehr geeignet. 


Das Projekt ist Kooperationsprojekt der Jäger, die aber zumindest in weiten Teilen Asiens für den starken Rückgang der Population verantwortlich sind. Was sagen Sie dazu?  
Liljebäck: Wir schwedischen Jäger haben das Projekt bereits Anfang der 1980er Jahre gestartet. Im Moment sind wir glücklich, dass unsere Gänse in die Niederlande migrieren und nicht in Richtung Osten. Ich wünsche mir, dass der Schutz dieser Art auch bald in Asien das notwendige Maß findet. Für uns Jäger bedeutet Jagd, Verantwortung für Wildtiere zu übernehmen. Wir hatten auch Projekte, in denen wir Uhu- und Otterschutz vorangetrieben haben. Ich glaube, dass uns Jägern Wildtiere mehr am Herzen liegen als den meisten Menschen auf der Welt.