Sievers Abschied
01.06.2022
Kreis Warendorf. In Zweierreihen geordnet verließen die Kinder des evangelischen Kindergartens Peckeloh das Waldstück an der Fichtenstraße. „Tschüss Herr Sievers“, schallte es dem Betreuer der Rollenden Waldschule entgegen, winkten die Kinder Martin Sievers zum Abschied eifrig zu. Es war eine Geste mit großem Symbolcharakter, war es doch der letzte Einsatz, den Martin Sievers am Dienstagmorgen mit der Rollenden Waldschule der Kreisjägerschaft Warendorf gefahren hat. Nach zwölf Jahren in diesem Amt legt er diese Aufgabe in andere Hände, will sich als Neurentner nun den vielen anderen schönen Dingen des Lebens widmen. „Ich gehe nicht in den Ruhe-, sondern in den Jagdstand“, scherzt der 63-Jährige, der sich jetzt auch mehr Zeit für seine Passion, das Jagen, nehmen und seinem Revier im hessischen Burgwald des Öfteren einen Besuch abstatten will.

Eine Ära geht zu Ende. Nach zwölf Jahren als Betreuer der Rollenden Waldschule kehrt Martin Sievers dieser Aufgabe den Rücken. Für sein großes Engagement und seine Verdienste um die Natur- und Umweltbildung Tausender von Menschen dankte ihm der Vorstand der Kreisjägerschaft, hier vertreten durch den stellvertretenden Vorsitzenden und Naturschutzobmann Markus Degener.

Bei Martin Sievers Geschichten sind nicht nur die Hunde ganz Ohr. Auch die Kinder lauschen ihm stets andächtig.
Wie Sievers sagt, gehe er an diesem Tag schon mit Tränen in den Augen. „Ich habe größtenteils nicht von, sondern für die Rollende Waldschule gelebt“, erklärt der engagierte Waldpädagoge, der die Waldschule vor zwölf Jahren mit dem damaligen und heutigen Ehrenvorsitzenden der KJS Warendorf, Heinz Heselmann, neu aufgestellt und so tatsächlich ins Rollen gebracht hat. Bevor Martin Sievers sich der Sache annahm und die Waldschule mit seinen Exponaten bereicherte, dümpelte das Projekt vor sich hin, kam die Waldschule auf ca. 35 Einsätze pro Jahr. Schon nach einem Jahr hat Sievers die Anmeldezahlen verdoppeln und auf über 220 pro Jahr in der Folgezeit ausbauen können. Nach zwölf Jahren liegen nun rund 2000 Einsätze hinter ihm. Einsätze, in denen er in Grundschulen, weiterführenden Schulen, Förderschulen, in Seniorenheimen und auf vielerlei Veranstaltungen bei Tausenden von Menschen Interesse und Leidenschaft für die Natur, für Wild und Wald zu wecken versuchte. „Du kriegst sie niemals alle, aber wenn von einer Gruppe nur fünf gekitzelt, bei ihnen das Interesse entfacht werden konnte, ist das eine unheimliche Freude“, so Sievers. Sein Erfolgsrezept war einfach. Sievers wollte und hat die Natur mit allen Sinnen erfahr- und begreifbar gemacht, allen Beteiligten nicht nur durch Sehen, sondern auch durch Fühlen, Hören, Tasten und Riechen jede Menge Aha-Erlebnisse beschert. Einrichtungen, die einmal bei der Rollende Waldschule mitgemacht haben, waren in der Regel in den Folgejahren regelmäßig wieder dabei. „Das, was ich gemacht habe, kann also nicht ganz verkehrt gewesen sein“, so der Waidmann. Erzieherin Marlies Redecker vom Peckeloher Kindergarten und ihre Kollegin stimmen ihm gern vollen Herzens zu. Sie zeigten sich sehr betrübt darüber, dass ihr Besuch bei der Rollenden Waldschule der letzte dieser Art gewesen sein soll.

Wenn Martin Sievers, der scheidende Betreuer der Rollenden Waldschule der Kreisjägerschaft, von den Tieren im Wald zu erzählen begann, bildete sich schnell eine Traube Menschen um ihn und seinen Wagen voller lebensechter Exponate.
„Wir arbeiten seit zehn Jahren mit Martin Sievers zusammen, und es war immer eine schöne Zeit. „Er hat ganz viel Geduld und Geschick darin, die Kinder selbst die Antworten auf ihre Fragen finden zu lassen“, lobten die Erzieherinnen den scheidenden Waldpädagogen. Großes Lob kommt auch von Seiten Markus Degeners. Der Obmann für Naturschutz und stellvertretende Vorsitzende der Kreisjägerschaft Warendorf nennt Sievers einen „verdienten Wald-, Natur- und Jagdpädagogen, der die Natur- und Umweltbildung in der KJS entscheidend geprägt hat“. Wie Degener sagte, soll und werde es die Rollende Waldschule nach dem Abschied von Sievers weiter geben, allerdings sollen die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt werden. Es werde derzeit ein Team aufgebaut, das entsprechend geschult und für kommende Aufgaben fit gemacht werde. Einer der künftigen Akteure der Rollenden Waldschule wird der Everswinkeler Pädagoge und Hegeringleiter Josef Thiemann sein. Gebucht werden können Termine ab sofort über die Geschäftsstelle der KJS. Diese ist montags, mittwochs und freitags von 8 bis 12 Uhr geöffnet und unter der Telefonnummer 02581-931720 zu erreichen.
Drei Fragen an:
Eltern, die wenig Zeit haben, Playstation, Smartphone und Sozial-Kontakte über Multimedia-Kanäle. Ist die Natur da für Kinder überhaupt noch von Interesse?
Martin Sievers: „Unbedingt. Man muss den Kindern jedoch Möglichkeiten aufzeigen und ihre Begeisterung für die Natur durch direktes Erleben im Wald entfachen. Sich Filme über die Natur im Internet oder im Fernsehen anzuschauen, ist nicht dasselbe, wie den Vögeln im Wald zu lauschen, Spuren von Waldtieren nachzuspüren und die Zusammenhänge mit der Natur direkt vor Ort zu begreifen.“
Zwölf Jahre Rollende Waldschule, rund 2000 Einsätze – was waren die schönsten Momente?
„Die schönsten Momente waren sicherlich immer die, wenn man die Kinder wach gekitzelt hat, wenn man den Funken gezündet und nachhaltiges Interesse geweckt hat. Schöner geht es kaum. Toll war auch die Vielseitigkeit der Aufgabe und die vielen verschiedenen Menschen und Altersgruppen, mit denen ich durch die Rollende Waldschule in Berührung gekommen bin. Das fand ich immer sehr bereichernd, spannend und auch fordernd.“
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Rollenden Waldschule?
„Natürlich, dass es weitergeht und dass weiterhin die gesamte Palette - vom Kindergarten und Grundschule über die weitergehenden Schulen bis hin zum Seniorenheim - abgedeckt wird. Es gibt überall Menschen, die man noch erreichen und für die Schönheiten von Wald und Natur begeistern kann.